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8. März

Ich wollte heute eigentlich nichts zum Frauentag schreiben. Was soll ich schreiben? Dass Frauen endlich wütend sein dürfen? Dass Frauen sich keine Blumen kaufen, sondern Bücher über Feminismus besorgen sollten? Oder dass jede, die es nur will, eine Karriere machen kann – und wenn sie es nicht geschafft hat, dann ist sie selber schuld, die blöde Kuh?

Von so einem Schmarrn ist das Internet auch ohne mich voll.

Dann habe ich heute gelesen, dass der Gender Pay Gap eigentlich kein Gap zwischen Männern und Frauen ist, sondern ein Gap zwischen Müttern und kinderlosen Frauen. Viele Frauen nämlich haben keine Kinder – nicht, weil sie keine kriegen können, sondern weil sie keine kriegen wollen. Sie sind nämlich für Karriere gemacht und nicht für das langweilige Hausfrauen-Vor-sich-Hin-Welken. Und deswegen leiden Mütter unter Motherhood Penalties. Ach, wirklich?

Wer hat denn diese „Penalties“ den armen Müttern auferlegt? Für alle Mütter kann ich natürlich nicht sprechen – aber für mich.

Seit meiner Schwangerschaft höre ich nichts anderes als: „Das war doch Ihre Entscheidung, ein Kind zu kriegen, also selber schuld.“ Oder: „Wie hast du dir das denn vorgestellt? Wir sitzen alle in einem Boot.“

Ich erzähle euch gerne, wie ich mir das vorgestellt habe.

Ich habe mir vorgestellt, dass, wenn man talentiert und fleißig ist, man wertgeschätzt wird.

Ich habe mir vorgestellt, dass eine Frau wissen darf, dass sie talentiert ist, und sich dafür nicht schämen muss.

Ich habe mir vorgestellt, dass in einem Beruf die Kompetenzen zählen – und nicht die Fähigkeit zu schweigen, zu lächeln, zu nicken, die Arbeit für die ganze Abteilung zu übernehmen und das für stolze 65 % Arbeitsvergütung.

Ich habe mir vorgestellt, dass eine Frau, die erwartungsgemäß 100 Jahre alt wird, nicht bis 40 ihre Familienplanung beenden und Karriere gemacht haben soll.

Ich habe mir vorgestellt, dass gerade Frauen, die angeblich alle in einem Boot sitzen, die Sorgearbeit nicht abwerten.

Also: Ich will nicht in diesem Boot sitzen – ich steige aus.

Ich plane zuerst Familie und dann Karriere, weil ich smart und ehrlich genug bin, um zu verstehen, dass es gleichzeitig nicht funktioniert. Ich kann meine Arbeit nicht erledigen, wenn ich am Arbeitsplatz fehle. Ich kann auch keine Kollegin bezahlen, damit sie meine Arbeit macht, und diese Arbeit dann stolz als meine eigene präsentieren. Genauso funktioniert es nicht bei der Sorgearbeit – bist du nicht zu Hause, hast du es nicht gemacht. Belüge dich selbst nicht.

Ich weiß, was ich kann, und ich muss mich nicht dafür schämen, es zu kommunizieren. Es gehört sich nicht, sich selbst kleinzumachen. Das ist kein Anstand und keine Höflichkeit. Das ist schlichtweg Frauenunterdrückung – von Frauen selbst gemacht, anderen Frauen eingeredet, von Frauengeneration zu Frauengeneration weitervererbt. Belüge dich selbst nicht.

Ich muss nicht schweigen, wenn ich etwas zu sagen habe. Das ist nicht mein Problem, wenn jemand damit nicht klarkommt. Qualifikation und Kompetenz bedeuten nicht Schweigen und Nicken, sondern eine Meinung haben, sie aussprechen dürfen und den Mut haben, die Stirn zu bieten, wenn es sein muss. Belüge dich selbst nicht.

Ich brauche keine Erlaubnis, um wütend oder traurig zu sein. Ich brauche keine Erlaubnis, mir Blumen, Bücher oder Lippenstifte zu kaufen, Sneakers oder High Heels zu tragen, zu schimpfen oder laut zu lachen – und vieles mehr. Weder ein Mann noch eine Frau haben mir etwas zu sagen. Ich bin erwachsen, ich entscheide für mich selbst.

Und wenn ich für mich selbst entscheide, dann entscheide ich auch, dass nicht ich selber schuld daran bin, dass die Welt doch anders ist, als ich sie mir vorgestellt habe. Letztendlich besteht die ganze Welt nicht nur aus mir allein.

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